Interview zum Thema „Small Talk“
Interview mit Stefanie Frieser zum Thema „Small Talk“ erschienen in den Nürnberger Nachrichten am 22.4.2013
NN: Toll, dass heute endlich mal die Sonne scheint! Ist das ein guter Einstieg, Frau Frieser?
Stefanie Frieser: Absolut. Wetter ist immer ein sensationelles Thema! Im Prinzip können Sie jedes unverfängliche Thema nehmen. Es kommt immer aufs Umfeld an. Bei einem Seminar ist das Ambiente vielleicht sehr schön, dann nimmt man das. Manchmal sieht man auch jemanden und denkt: die Person sieht toll aus. Dann sagt man das auch!
NN: Komplimente gehen also immer?
Frieser: Man muss es schon auch so meinen. Smalltalk soll nicht unehrlich sein! Wenn sich jemand offensichtlich in ein Kostüm oder einen Anzug gezwängt hat, sagt man das nicht. Wichtig ist, dass Sie authentisch bleiben. Die Menschen sind feinfühliger als man glaubt.
NN: Woran erkenne ich, welcher Gruppe ich zum Smalltalk überhaupt beitreten kann?
Frieser: Da gibt es die sogenannte „NaNa-Regel.“ Wenn Sie freien Blick auf Nase und Nabel einer Person haben, sie also nicht durch andere verdeckt ist oder abgewandt, dann ist sie kommunikationsbereit. 70 Prozent unserer Kommunikation läuft übrigens nonverbal ab.
NN: Was mache ich mit Kampfschweigern?
Frieser: Es gibt keine Kampfschweiger wenn sie offenen Fragen stellen. Wie, Was? Damit öffne ich Menschen. Wichtig ist es, sich auf den anderen einzulassen und aktiv zuzuhören. Sie können fragen, haben sie den oder den Film gesehen? Da kann es dann auch sein, es flutscht, wenn man merkt, man tickt ähnlich.
NN: Oder, es flutscht überhaupt nicht…
Frieser: Ok, nehmen wir mal das Worst-Case-Szenario: Sie haben einen Tischherren, dessen große Leidenschaft altkasachische Mosaiksteine sind. Ein Thema, das Sie gar nicht interessiert. Wie machen Sie das Gespräch für sich interessant?
NN: Ich frage ihn, wie er bitte in Dreiteufelsnamen auf so ein Hobby kommt?
Frieser: Genau: Ich ziehe mich aus den altkasachischen Mosaiksteinen zurück und interessiere mich für den Menschen. Ich lasse ihn nicht sein Hobby vor sich hertragen, sondern er muss etwas über sich erzählen. Gerade mit solchen Fragen, lernen Sie die Menschen kennen.
NN: Viele denken, beim Smalltalk geht es darum, Luft zu plaudern…
Frieser: Hülsensmalltalk ist schade und muss nicht sein. Da ist keine Seele dahinter, sondern nur Worthülse an Worthülse. Man kann sich so mit dem anderen unterhalten, ohne sich mit ihm zu beschäftigen. Das ist Zeitverschwendung.
NN: Welches Ziel hat Smalltalk dann?
Frieser: Dass ich mich mit Menschen wohlfühle, ohne ihnen dabei zu nahe zu treten. Ich sage den Egomanen immer, Leute ihr tut euch doch auch was Gutes damit. Es ist doch bessser, mich für Dinge zu interessieren, als interesselos daher zu sprechen. Und Sie sollten Schubladen offen lassen.
NN: Was meinen Sie damit?
Frieser: Wenn Sie Menschen treffen, taxieren Sie sie und schätzen sie nach fünf Sekunden ein. Wenn Sie sie nicht gleich in eine Schublade stecken, sondern mit Neugierde herangehen, werden Sie dadurch auch bereichert.
NN: Was ist mit extrem schüchternen Menschen? Wie sollten die sich verhalten?
Frieser: Wenn Sie literweise Handschweiß verlieren, um jemanden anzusprechen, lassen Sie’s. Es wird garantiert jemand zu Ihnen kommen.
NN: Wie beende ich einen Smalltalk am elegantesten?
Frieser: Mit dem klassischen Smalltalk-Dreisatz: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft.
NN: Ähm, alles klar…
Frieser: Schön, dass wir uns gesehen haben. Ich gehe jetzt mal wieder rein. Vielleicht telefonieren wir ja zu dem Thema nochmal.
NN: Aha. Kapiert. Und was geht gar nicht?
Frieser: Ohne Gruß und gestenlos aus einer Gruppe rausgehen ist Missachtung. Ich kann mich, wenn es in der Gruppe gerade ein angeregtes Gespräch gibt auch dezent zurückziehen, aber nie grußlos.
NN: Welche Themen sind tabu?
Frieser: Politik, Religion, Emanzipation. Im Prinzip alle Themen, über die ich mich trefflich streiten kann. Oder natürlich auch Krankheiten: „Wie geht’s dem Darmdurchbruch? Wie geht’s dem Zehenfurunkel?“ So bitte nicht.
NN: Verstanden. Keine Fragen nach Zehenfurunkel. Sonst noch was?
Frieser: Im Smalltalk wird nicht gelästert. Und bitte: Wenn Humor, dann immer auf die eigenen Kosten. Es wirkt wesentlich souveräner wenn man sich selber zum Larry macht als andere.
NN: (Das Handy klingelt) Entschuldigung…
Frieser: Ach ja, ein Telefon hat übrigens nicht den gesetzlichen Anspruch, angenommen zu werden.
NN: Letzte Frage: Was mache ich, wenn ich jemand treffe, den ich kenne. Woher, geschweigedenn der Name, fällt mir aber nicht ein.
Frieser: Dann ist das doch gleich ein super Einstiegssatz: „Ich weiß, wir kennen uns, aber bitte helfen Sie mir drauf. ich habe das so positiv in Erinnerung, aber ich komme gerade nicht mehr drauf.“
NN: Frau Frieser, vielen Dank! Es war sehr schön mit Ihnen zu sprechen. Ich gehe jetzt wieder in die Redaktion zurück. Vielleicht telefonieren wir zu dem Thema noch mal…
Interview: Anette Röckl, Nürnberger Nachrichten, 22.4.2013