Knigge Alltagsfragen: Hausschuhe bei Einladung
Leser der Nürnberger Nachrichten stellen Alltagsfragen rund um das menschliche Miteinander.
Stefanie Siederleben möchte wissen: „Darf ich es bei einer Einladung ablehnen, meine Schuhe mit Hausschuhen zu tauschen, oder muss ich mich in die Puschen fügen?“
Es antwortet heute Knigge-Expertin Stefanie Frieser:
Darauf gibt es eine ganz klare Antwort: Ja, natürlich können Sie das ablehnen. Denn es handelt sich um einen Eingriff in Ihre Privatsphäre. Es ist eigentlich ein No-Go, dass ein Gastgeber so etwas verlangt. Denn es geht, wie immer bei Benimmfragen, um die wertschätzende Behandlung. Wer einem Gast die Türe öffnet, möchte, dass sich dieser wohlfühlt. Ihn dazu zu zwingen, seine Schuhe abzulegen oder – noch schlimmer – in irgendwelche bereits getragenen Puschen zu schlüpfen, trägt nicht dazu bei. Es geht dabei nicht nur um Peinlichkeiten, wie Fußpilz oder Löcher im Strumpf, sondern um den Respekt, den man seinem Gegenüber entgegenbringt. Angenommen, die Kanzlerin stünde vor der Türe – würde man sie auch bitten, die Schuhe auszuziehen? Vermutlich nicht. Und darum geht es: Es muss egal sein, ob die Bundeskanzlerin oder der Hausmeister vor einem steht, beide verdienen dieselbe Wertschätzung. Man kann einem Gast natürlich Hausschuhe anbieten, aber nur, wenn er das von sich aus möchte!
Wenn einen aber die Angst um ein teures, nicht-versiegeltes Parkett treibt, dann sollte man sich überlegen, ob es nicht sinnvoller und entspannter wäre, sich lieber in einem netten Restaurant zu treffen. Das habe ich als Gastgeber ja in der Hand.
Eine Ausnahme gibt es, wenn es um Glaubensfragen geht: Lädt zum Beispiel jemand aus einem muslimischen Kulturkreis ein, dann ziehe ich als Gast natürlich meine Schuhe aus. Denn dann trete ich an der Haustüre quasi in einen anderen Kulturkreis ein und passe mich den Gegebenheiten an.
In unserem Kulturkreis ist das nicht üblich. Das setzt natürlich voraus, dass Ihr Schuhwerk sauber ist und Sie nicht vorher auf einer Schlammpartie waren. Benimm ist immer eine ZweiBahn-Straße.
Wenn Sie ablehnen, erheben Sie nicht den Zeigefinger oder geben dem Gastgeber das Gefühl, ein Spießer zu sein. Begründen Sie Ihre Ablehnung, damit Ihr Gegenüber Sie nachvollziehen kann, etwa: „Die Schuhe sind Teil meines Outfits. Ohne würde ich mich nackt fühlen.“ Carrie Bradshaw hat nicht umsonst in der Serie „Sex and the City“ mit dem Zitat „This is an Outfit!“ (Das ist ein Outfit!) die Puschenfreaks in ihre Schranken gewiesen.
Wenn es einem wiederum als Gastgeber partout wichtig ist, dass alle Hausschuhe anziehen, dann sollte man das vorher kommunizieren. Am besten auf eine witzige Art: indem man zur Puschen-Party einlädt. Damit weiß jeder, worauf er sich einlässt, und kann frei entscheiden.
Quelle: Nürnberger Nachrichten vom 11.09.2014, S. 31