Manieren sind zeitlos
Warum Knigges Benimmregeln immer noch aktuell sind.
Was hat Knigge mit unserem heutigen Leben zu tun? Sind seine Regeln nicht veraltet? Keineswegs. Das Treffen des Deutschen Kniggebundes in Nürnberg zeigt: Gute Manieren sind zeitlos. Und gerade auch beim Umgang mit den neuen sozialen Medien wichtig.
Allmächd, jetzt nur nichts falsch machen bei der Begrüßung und allen die Türe aufhalten, sonst gibt es Saures. Nein, diese Ängste brauchte man beim – erstaunlich lockeren – Zusammentreffen des Deutschen Kniggebundes, den es seit 2011 gibt, nicht haben. Anstatt im Flüsterton über die korrekte Art des Serviettenfaltens zu fachsimpeln, ging es im Vortrag von Markus Deuerlein um ganz lebenspraktische und aktuelle Fragen: Was ist eine korrekte Anrede in einer E-Mail-Konversation? (Im Zweifel immer „Sehr geehrte(r) XY“.) Oder: Wie gehe ich mit unliebsamen Freundschaftsanfragen auf Facebook um, ohne Menschen vor den Kopf zu stoßen? (Am besten ist es, anzunehmen, den Account aber so einzustellen, dass der andere nichts Privates sieht. Wenn man wirklich nicht will, ist ablehnen oder ignorieren aber erlaubt.) „Netiquette“ wird das gute Benehmen in der elektronischen Konversation genannt. Egal ob im schriftlichenAustausch oder im direkten Umgang — das Wichtigste ist der respektvolle, wertschätzende Umgangmiteinander. Dem anderen ein gutes Gefühl zu geben, darum geht es bei Knigge, und nicht um steife Etikette-Regeln. Wichtiger als Regeln zu befolgen, ist es, sich in das Gegenüber und die Lage einzufühlen. „Situationsadäquates Verhalten“, nennt es Stefanie Frieser, Präsidentin des Deutschen Kniggebundes. „Auf einer Almhütte bei einer zünftigen Brotzeitplatte würde man sicher nicht pikiert nach einer Stoffserviette verlangen“, gibt die Benimm-Trainerin ein Beispiel. Ganz im Gegenteil: Damit würde man sich arrogant über die anderen erheben, ihnen ein schlechtes Gefühl geben. Und das wäre gar nicht im Sinne des Freiherrn Adolph von Knigge. Es geht nicht darum, mit der eigenen Etikette-Sicherheit zu protzen, sondern für das Gegenüber den Umgang so angenehm wie möglich zu gestalten.
Nicht verkrampfen!
„Vieles macht man ganz intuitiv richtig“, ist sich Markus Deuerlein sicher. Jemandem, der gerade isst, wird man automatisch nicht die Hand zur Begrüßung schütteln wollen. Wer nur noch Regeln aufstellt und sich krampfhaft daran hält, verliert sein natürliches Fingerspitzengefühl. Und das, ist Deuerlein überzeugt, habejeder. Dass es unhöflich ist zu telefonieren, wenn man mit jemandem im Gespräch ist, merke eigentlich jeder. Wer es trotzdem macht, dem ist der andere einfach egal.
Dem anderen Respekt zu zollen, freundlich miteinander umzugehen,dazu sollten und sollen Knigges Regeln beitragen. Vor jede einzelne müsse man aber einen Satz setzen, betont Deuerlein: Es kommt drauf an! Weil man immer die jeweilige Situation und das jeweilige Gegenüber sehen muss. In diesem Sinne sind auch diezehn gesellschaftlichen Patzer zu sehen (siehe Kasten). Es kommt darauf an: Wenn die Oma sich so freut, dass der Enkel die von ihr gestrickte Mütze heiß und innig liebt, dann darf er sie ausnahmsweise beim Kaffeekränzchen auf dem Kopf behalten.
von Anette Röcke
Quelle: Nürnberger Nachrichten